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(Frequently Asked Questions)
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B. Üben und Lernen

Die Frage wie man am besten übt, stellt sich nicht nur jedem Anfänger, sondern ist auch für Fortgeschrittene immer wieder ein Knackpunkt. In dieser Rubrik versuche ich alles zusammenzutragen, was zur Klärung dieser Frage hilfreich sein könnte.

 

1. Wie das Lernen gelingt (aus GEO-Wissen Nr.31)

 

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich intensiv mit den physiologischen und psychologischen Vorgängen beim Lernen.
Ich habe damit begonnnen, als ich mir erste Gedanken über meinen persönlichen Übeplan gemacht habe. Um wirklich effektiv Üben zu können, sollte man nämlich verstehen lernen, wie unser Gehirn funktioniert.
Was passiert beim Lernen und wie kann man diese Erkenntnisse in einem Übungsprogramm verarbeiten?
Mittlerweile habe ich einiges an Literatur zum Thema "Lernen" angesammelt und möchte Euch hier eine Auswahl guter Artikel zur Verfügung stellen. Vielleicht können Euch diese Artikel dabei helfen Eure eigenen Übungsgewohnheiten oder auch Lernkonzepte (nicht nur fürs Bass-Spielen) zu überprüfen und eventuell zu verändern.


Wie das Lernen gelingt
(Aus GEO-WISSEN Nr. 31; 2003)

 

...Beim Lernen gilt die Devise: "carpe diem".
Denn je mehr ein Mensch..schon weiß, desto schneller lernt er Neues.

....
Bis auf die Ebene einzelner Nervenzellen, der
Neuronen, und ihren Kontaktstellen, der Synapsen, haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren verfolgt, was passiert, wenn das Gehirn etwas lernt....
Vor allem zeigen die Neurowissenschaftler, dass Lernen ein aktiver und meist assoziativer Vorgang ist. Das heisst: Informatioinen lassen sich nicht beliebig in einen Kopf hineinstopfen. Vielmehr pickt sich das Gehirn aus der Flut von Reizen jene heraus, die ihm bedeutsam erscheinen - und das sind vorwiegend Fakten, Klänge und Bilder, die mit früheren Erfahrungen zusammenhängen.
"Bewusstseinsinhalte werden umso effektiver im Gedächtnis niedergelegt, je anschlussfähiger sie sind, also je mehr Vorwissen vorhanden ist", sagt der Bremer Hirnforscher Gerhardt Roth.

Wie aber gelingt es dem Gehirn überhaupt Informationen zu speichern ?....

Erste Erkenntnisse über die Grundlagen des Lernens lieferten vor 100 Jahren die wohl berühmtesten Versuchstiere der Wissenschaftsgeschichte: die Pawlowschen Hunde.
In seinem legendären Experiment streute der russische Physiologe Iwan Pawlow Laborhunden Fleischpulver vor die Nase, unmittelbar nachdem er ein Metronom hatte ticken lassen. Gleichzeitig maß er den Speichelfluss der Versuchstiere.
Schnell lernten die Hunde, dass das Ticken mit der Futtergabe zusammenhing: Ihnen lief das Wasser im Munde zusammen, sobald sie das sonderbare Geräusch vernahmen - auch wenn kein Fleisch im Spiel war.
Zwei Reize, die ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten, treffen wiederholt gleichzeitig im Gehirn ein und werden dort offenbar dauerhaft miteinander verknüpft.
Wie das im Detail funktioniert, sollten Hirnforscher erst Jahrzehnte später verstehen.

Dabei half ihnen...  Aplysia californica, eine [im Meer lebende] Nacktschnecke, deren simples Nervensystem aus nur 20.000 Neuronen besteht - der Mensch verfügt allein im Gehirn über rund 100 Milliarden Neuronen.
Kitzelt man Aplysia, zieht das Weichtier, reflexartig seine Kiemen zurück. Nach einer Weile jedoch gewöhnt sich die Schnecke an den Reiz und verzichtet auf die Kraft raubende Schutzreaktion. Dieser...Vorgang ist eine der einfachsten Formen des Lernes.
Neurobiologen um den Nobelpreisträger Eric Kandel wiesen nach, dass er mit Strukturänderungen im Nervensystem der Schnecke einhergeht. So nahm die Zahl der Verbindungen zwischen den Sinneszellen und jenem Neuron, das die Bewegung der Kiemen steuert, um ein Drittel ab.

Menschen sind zwar wesentlich kompliziertere Organismen als Hunde oder Nacktschnecken. Doch hat die Forschung an Tieren dazu beigetragen, die lang gepflegte Annahme über Bord zu werfen, das Gehirn sei eine starre Konstruktion, deren Verdrahtung sich nicht mehr ändert.
Auch beim Menschen, vor allem bei Kindern, herrscht ein ständiges Werden und Vergehen im Hirn. Wann immer Homo sapiens etwas lernt, verändert sich der Schaltplan seines Gehirns. Neue Synapsen sprießen, bereits bestehende werden verstärkt oder verkümmern, und in bestimmten Hirnarealen wachsen sogar permanent graue Zellen nach.

Eine Kontaktstelle [Synapse] zwischen zwei Nervenzellen wir vor allem dann verstärkt - oder entsteht ganz neu -, wenn beide Neuronen wiederholt gleichzeitig elektrische Impulse aussenden [erregt werden].

Nicht weniger wichtig ist das Ausjäten von Synapsen. Denn Lernen bedeutet auch, überflüssige Verbindungen zu schwächen oder zu kappen. Wer zum Beispiel lernt, dass nicht alle schweren Gegenstände im Wasser untergehen, hat eine nahe liegende, aber verkehrte Koppelung in seinem Hirn geschwächt.

Bei den Pawlow'schen Hunden hatten sich hingegen kräftige Leitungen zwischen jenen Neuronen ausgebildet, die auf den Reiz "Fleisch" ansprachen, und denen, die auf das Ticken reagierten.

Allerdings existieren keine speziellen Nervenzellen, in denen etwa der Anblick von Fleisch gespeichert ist. Das Gehirn legt Gelerntes nicht in der Weise ab, wie ein Buchhalter Rechnungen in einen Aktenordner heftet. "Die Information steckt im Netzwerk", erklärt der Berliner Hirnforscher Randolf Menzel.
[z.B. Information "Apfel"]
Wenn also Neuronen, die auf die Farbe Rot ansprechen, mit solchen, die auf süßlichen Geruch reagieren, und wieder anderen, die beim Erkennen mittelgroßer, rundlicher Formen anspringen, gleichzeitig feuern, dann ist im Kopf wahrscheinlich eine Vorstellung von "Apfel" entstanden.
Alles was sich ein Mensch je merkt, sei es das Aussehen eines Apfels, eine Telefonnummer oder die allgemeine Relativitätstheorie, ist in seinem Hirn auf diese Weise gespeichert.

Übung macht den Meister: Wiederholungen verstärken entstandene Nervenzell-Verbindungen, ungenutzte verkümmern hingegen....

Unterschiedliche Regionen [des Hirns] sind dabei allerdings auf bestimmte Aufgaben spezialisiert. Eine Schlüsselrolle beim Lernen spielt der Hippocampus...., ein Areal an der Innenseite der Schläfenlappen.
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Offenbar ist der Hippocampus notwendig, um Neues dauerhaft im Gedächtnis zu verankern.
Doch nur bestimmte Lerninhalte durchlaufen den Hippocampus: Worte, Namen, Zusammenhänge, räumliche Orientierung, nicht aber Bewegungsabläufe.
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Letztlich sind es zwei Pfade, die in das Gedächtnis führen: Wissenschaftler sprechen vom
deklarativen Lernen, etwa dem Abspeichern von Nachrichten und Namen, und vom prozeduralen Lernen, zum Beispiel dem Einüben von Bewegungsabläufen. Was das Gehirn auf deklarative Weise verarbeitet hat, kann es sich bewusst in Erinnerung rufen....Prozedurales Wissen hingegen ist dem Bewusstsein nur bedingt zugänglich; wer kann schon genau erklären, wie man Fahrrad fährt?
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Das Gehirn lernt immer - es kann gar nicht anders....

Wann immer ein höheres Lebewesen eine neue, positive Erfahrung macht, schüttet das Belohnungssystem seines Gehirns den Botenstoff Dopamin aus. Unter anderem bewirkt dieser Stoff ein Gefühl freudiger Erregung, eine angenehme Wachheit des Geistes und den Wunsch, noch mehr und noch Großartigeres zu erleben.
Bei Menschen stellt sich diese Empfindung ein, wenn sie eine neue Information wie ein Puzzleteil in ihren Wissensschatz einfügen konnten. "Eine neue Stadt zu entdecken, eine neue Sprache zu lernen, löst ein ähnliches Gefühl aus wie die Einnahme von Kokain", sagt der amerikanische Hirnforscher John Gottman.

Lernen macht offensichtlich Lust auf mehr. Umgekehrt gilt jedoch auch: Wer schon gut gelaunt ist, lernt auch besser. Denn Dopamin steuert, neben anderen Hormonen wie Noradrenalin und Acetylcholin, die Aufmerksamkeit. Nicht umsonst kennt die deutsche Sprache den Begriff "Neugier": Unter Einfluss von Dopamin ist das Gehirn geradezu süchtig nach Neuem.

Doch wenn das Gehirn kaum etwas lieber tut, als Neues zu erfahren, warum bevölkern dann Heerscharen unlustiger Schüler Deutschlands Klassenzimmer?
Meist sind schon die Rahmenbedingungen an Schulen nicht dazu angetan freudige Empfindungen aufkommen zu lassen. "Das limbische System, das Affekte, Gefühle und Motivation vermittelt, ist der eigentliche Kontrolleur des Lernerfolgs", sagt Gerhard Roth. Gereizte Lehrer, schäbige Klassenzimmer, aber auch Langeweile und Unterforderung dämpfen die dem Hirn innewohnende Neugier.
Vor allem ist Angst eine schlechte Lehrmeisterin. Die Furcht, sich zu blamieren oder durch eine Prüfung zu rasseln, erzeugt Stress. Der jedoch führt im Körper zur Ausschüttung des Hormons Cortisol, das die Funktion des
Hippocampus [das Lernzentrum] beeinträchtigt.
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"Die Frage danach, wie man Menschen motiviert, ist etwa so sinnvoll wie die Frage: 'Wie erzeugt man Hunger?'" spottet der Ulmer Psychiater Manfred Spitzer. Vielmehr gelte es zu untersuchen, warum so viele Menschen demotiviert sein....

So wichtig Interesse, eine positive Grundstimmung und Vorwissen auch sind - sie allein garantieren noch nicht den Lernerfolg. Schließlich vergessen Menschen selbst Informationen, die sie zuvor begierig aufgesogen haben, weil Gedächtnisinhalte sich im Gehirn verfestigen müssen. Neue Forschungsergebnisse legen nahe, das dies zum Gutteil im Schlaf geschieht.
Der US-Neurophysiologe Robert Stickgold konnte zeigen, dass zumindest
prozedurales Lernen ohne ausgiebige Nachtruhe nicht funktioniert.
Seine Probanden, die versteckte Buchstaben in einem Strichgewirr ausmachen sollten, konnten am ersten Tag so viel üben, wie sie wollten: Es gelang ihnen nicht, ihr Können über einen gewissen Punkt hinaus zu verbessern. Am nächsten Morgen jedoch lösten sie die Aufgaben plötzlich viel schneller......

Auch deklarative Gedächtnisinhalte, also Fakten, Daten und Vokabeln, prägen sich vermutlich denjenigen besser ein, die mit einem gesunden Schlaf gesegnet sind.

Gut haften bleibt Gelerntes auch dann, wenn das Gehirn es wie ein guter Archivar mit möglichst vielen Querverweisen versehen ablegt. Eselsbrücken sind demnach wirkungsvoll, weil sie sich die assoziative Funktionsweise des Gedächtnisses zunutze machen. Wer das französische "bon jour" für "Guten Tag" kennt, kann sich auch ein italienisches "buon giorno" leicht merken.

Stures Wiederholen hilft zwar, besser aber ist es dem fremden Wort etwas Vertrautes abzugewinnen. "Auf verschiedenen Kanälen lernen!", empfiehlt der Bielefelder Psychologe Hans Joachim Markowitsch. Worte oder Fakten ließen sich in der Erinnerung z.B. an Bilder, Klänge oder Bewegungen koppeln.
Hirnakrobaten wie der Vize-Gedächtnisweltmeister Gunther Karsten haben diese Kunst zur Perfektion gebracht. So stellt er sich bei dem englischen Begriff "mice" Mäuse vor, die an Mais knabbern; das französische "ralentir" (langsamer fahren) übersetzt er mental in das Bild eines Krallentiers, das versucht, sich auf der Strasse festzuklammern..........